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EU-Rat will Gebäuderichtlinie lockern
Der Rat der Europäischen Union (EU-Rat) hat am 25.10.2022 eine Einigung (allgemeine Ausrichtung) über einen Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden erzielt. Die Hauptziele der Überarbeitung bestehen darin, dass alle neuen Gebäude spätestens 2030 klimaneutral sein sollen – bestehende Immobilien müssen laut einer Mitteilung des Rates bis zum 2050 in Nullemissionsgebäude umgebaut werden.
Im nächsten Schritt wird der Rat seine Pläne mit dem Europäischen Parlament verhandeln. Die EU-Kommission tritt als Vermittlerin bei den Verhandlungen zur Überarbeitung der EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) auf. Im Dezember 2021 hatte die Kommission ihre Vorschläge als Teil des Pakets "Fit für 55" für eine Verschärfung der Gesetzesgrundlage vorgestellt.
Neue und alte Gebäude: Das schlägt der EU-Rat vor
In Bezug auf Neubauten einigte sich der EU-Rat darauf, dass ab 2028 zunächst die öffentlichen Gebäude und ab 2030 alle Gebäude klimaneutral sein müssen. Ausnahmen soll es etwa für historische Gebäude, Gebetshäuser oder Gebäude für Verteidigungszwecke geben.
Für den Bestand empfiehlt der Rat Mindestnormen für die Gesamtenergieeffizienz und weicht damit maßgeblich von den strengeren Vorschlägen der Kommission ab, die eine Sanierungspflicht für Altbauten forderte: 15 Prozent des Gebäudebestands mit der schlechtesten Energieeffizienz sollten bis zum Jahr 2027 von Klasse G auf mindestens Klasse F verbessert werden – bei Wohngebäuden sollte das entsprechend bis 2030 gelten. Bis 2033 sollte die Klasse E erreicht werden.
Die Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz sollen nach Angaben des Rates auf der Grundlage eines "nationalen Pfads" festgelegt werden. Allerdings soll es zwei Kontrollpunkte geben: Der durchschnittliche Primärenergieverbrauch des gesamten Wohngebäudebestands muss bis 2033 mindestens dem Niveau der "Gesamtenergieeffizienzklasse D" entsprechen – bis 2040 soll schließlich ein bestimmter nationaler Wert erreicht werden, "der sich aus einer schrittweisen Verringerung des durchschnittlichen Primärenergieverbrauchs von 2033 bis 2050 entsprechend dem Umbau des Wohngebäudebestands" in einen Net-Zero-Gebäudebestand ergibt.
EU-Kommission: Sanierungspflicht für ineffiziente Gebäude
Die Europäische Kommission hat ihre Vorschläge für eine neue Gebäuderichtlinie am 15.12.2021 vorgelegt. Das Ziel, dass bis 2050 sämtliche Gebäude in der EU klimaneutral sein sollen, hatte die Kommission in ihrem "Fit for 55"-Paket ein halbes Jahr zuvor vorgegeben.
Die Brüsseler Behörde ist der Auffassung, dass Gebäude für zirka 40 Prozent des Energieverbrauchs und für rund ein Drittel der CO2-Emissonen im Euroraum verantwortlich sind. Sie schlug daher auch eine Sanierungspflicht vor. Bis spätestens 2030 soll kein Gebäude mehr der schlechtesten Effizienzklasse G angehören, heißt es in dem Papier. Betroffen wären europaweit mehr als 15 Prozent der Altbauten, die besonders viel Energie verbrauchen. Drei Millionen Gebäude wären das laut dem Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW allein in Deutschland, die bis 2027 beziehungsweise bis 2030 renoviert werden müssten.
Wer soll das klimaneutrale Europa bezahlen?
Mit dem Sustainable Europe Investment Plan als Teil des European Green Deal (pdf) hatte die EU-Kommission Anfang 2020 festgelegt, aus welchen Quellen der enorme Kapitalbedarf von insgesamt rund einer Billion Euro für ein klimaneutrales Europa stammen soll. Knapp die Hälfte der Summe soll demnach aus dem EU-Haushalt kommen. Für die Mobilisierung der notwendigen öffentlichen und privaten Investitionen sollen Anreize geschaffen werden.
Allein bis zum Jahr 2030 werden jährlich zusätzliche Investitionen von insgesamt 260 Milliarden Euro veranschlagt, heißt es. Im Gebäudebereich sieht die Kommission den größten Investitionsbedarf: Zusätzliche Investitionen in Höhe von etwa 120 Milliarden Euro pro Jahr für Wohngebäude und weitere 75 Milliarden Euro für Gebäude der öffentlichen Hand und des Dienstleistungssegments müssten für mehr Energieeffizienz in die Hand genommen werden.
Die jährliche Renovierungsquote in den Mitgliedstaaten stagniert seit Jahren und lag Stand Ende 2021 etwa zwischen 0,4 und 1,2 Prozent. Laut EU-Kommission ist mindestens eine Verdoppelung dieser Quote notwendig, damit die Energieeffizienz- und Klimaziele der EU erreicht werden können.
European Green Deal: Das "Fit for 55"-Paket
Am 14.7.2021 hatte die EU-Kommission ihr Klimaprogramm "Fit for 55" mit zwölf konkreten Vorschlägen vorgestellt, wie sie die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 senken will. Das war der erste Schritt hin zum klimaneutralen Europa bis 2050 – und Teil der Umsetzung des Projekts "European Green Deal". Acht Gesetze sollen verschärft, vier neue beschlossen werden.
Als konkrete Maßnahmen sind das Emission Trading System (ETS), das den Gebäudesektor in ein separates europäisches Emissionshandelssystem einbezieht, die Renewable Energy Directive (RED), die einen gemeinsamen Rahmen für die Förderung von Energien aus erneuerbaren Quellen vorgibt, die Energy Efficiency Directive (EED) mit der Energieeffizienz als Zielwert, die Effort Sharing Regulation (ESR), eine Richtlinie, die das Klimaziel 2030 anhand der Leistungsfähigkeit der EU-Mitgliedstaaten verteilt, und die Energiesteuerrichtlinie Energy Taxation Directive (ETD) genannt.
Mit der jüngsten Einigung des Europäischen Rates ist nun der Weg frei für Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament. Sobald eine politische Einigung zwischen den beiden Institutionen erzielt wurde, wird der endgültige Text vom Rat und vom Parlament förmlich angenommen.
16.11.2022, Haufe.de